Fazit Jakobsweg
Kissing, Samstag, 17.6.2023
Nun bin ich seit gut einer Woche wieder daheim und wäre bereit, wieder auf den Sattel zu steigen 😊
In den acht Radwochen habe ich rund 4.000 Kilometer zurückgelegt und ca. 50.000 Höhenmeter erklommen. Die Entscheidung, an der Haustüre zu starten und allein zu fahren, war, wie im letzten Jahr, richtig. Ich habe, mit einer Ausnahme, unterwegs nur nette Menschen getroffen.
In der Schweiz habe ich in Pilgerherbergen und zwei Privatunterkünften freundliche Aufnahme gefunden. Das Wetter war in den ersten Wochen eher durchwachsen, sodass ich auch in Frankreich nur wenige Male zelten konnte. Die Übernachtungen in den Pilger- und Wanderherbergen (Gite) waren jedes Mal schön-anstrengend. Warum anstrengend? Ich war immer der einzige Deutsche, ansonsten überwiegend Franzosen. Diese haben mich in die Gespräche einbezogen, auf Englisch. Ich musste immer aufpassen, wenn vom Französischen ins Englische gewechselt wurde und dann gedanklich ins Deutsche übersetzen und zurück. War halt anstrengend – aber schön 😊
Allgemein kann ich sagen, du brauchst kein Französisch, Spanisch oder Portugiesisch, aber ohne Englisch wirst du massive Schwierigkeiten haben, Deutsch sprechen die wenigsten (wobei es natürlich besser ist, du kannst ein paar Brocken – das freut einfach die Einheimischen. Geht uns in Deutschland doch genauso).
Radfahrer habe ich erst in Spanien getroffen. April, Anfang Mai ist halt noch keine Radlsaison. Für Wanderer bzw. Pilger auf dem Jakobsweg schon. In der Schweiz weniger, in Frankreich etwas mehr. Ab St. Jean-Pied-de-Port, auf dem Camino Frances, treten die Pilger in Massen auf. Ich bin nach wenigen Tagen den Pilgerweg nur am Nachmittag gefahren, morgens eher Straße.
Einige schöne Begegnungen: die beiden spanischen Mountainbikerinnen, die ich ab Pamplona jeden Tag kurz getroffen habe und dann wieder in Santiago. Das „folgenreichste“ Treffen war allerdings die Begegnung mit Silvio. Wir waren unterwegs schon einige Kilometer nebeneinander gefahren und haben uns zufällig vor der Kathedrale wiedergesehen – und dann am nächsten Morgen beim Frühstück. Zufälle gibt es… Silvio ist Portugiese und schwärmte von der Estrada Naticonal 2 in Portugal. Beim Stadtbummel komme ich – Zufall – am portugiesischen Fremdenverkehrsbüro vorbei – und nehme Infomaterial zur EN2 mit. Tja… und dann habe ich die Radtour nach Portugal fortgesetzt. Die Estrada Naticonal 2, von Chaves im Norden bis an die Algarve. Zwar nicht nach Faro, aber bis Tavira. Tavira klingt fast wie Tarifa. Tarifa ist die südlichste Stadt des europäischen Festlandes. Den „Umweg“ konnte ich mir also sparen 😊 Zum nördlichsten Punkt (also dem mit Straßenanschluss) bin ich ja letztes Jahr geradelt.
(Zentral-) Portugal ist wunderschön. Der Norden hat mir besser gefallen, als der Süden. Die Landschaft im Norden empfand ich abwechslungsreicher. Der Grenzübertritt von Spanien nach Portugal war unspektakulär. Ich habe es allerdings sofort gemerkt – auf der Straße. Die Spanier halten Abstand, bleiben an unübersichtlichen Stellen hinter dir. Die Portugiesen fahren wie in Deutschland… ich kann den Norden Spaniens zum Radfahren empfehlen. In Portugal habe ich nur zwei Radfahrer getroffen. Die Campingplätze in Portugal, auf denen ich war (Vila Real, Evora, Tavira) sind m.E. nicht für Zelte geeignet.
Das „Problem“ mit der Verlängerung nach Portugal war, dass ich keinen gescheiten Plan hatte, wie ich zurückkomme. Ich habe mich leider im Vorfeld nicht über mögliche Bahnverbindungen informiert. Und so hat die Bequemlichkeit gesiegt: ich habe in Huelva, Spanien, einen Mietwagen genommen und bin die 1.000 Kilometer nach San Sebastian über die Autobahn gebrettert, mit 110 km/h. Das war im Nachhinein schnell genug und vor allem entspannend, auch die 120 km/h auf den französischen Autobahnen (Biarritz – Straßburg).
Keine Pannen. Ich habe unterwegs die Bremsbeläge gewechselt und die Kette getauscht. Eine Schraube musste ich nachziehen. Zum Material gibt es demnächst einen eigenen Beitrag.
Wieder hatte ich zuviel Gepäck dabei. Sicher hätten 2-3 Kilo zu Hause bleiben können. An erster Stelle das Fahrradschloss, 1kg. Ich hatte noch ein dünnes Schloss, 92 g, dabei. Das ist gegen das unbeabsichtigte Mitnehmen vollkommen ausreichend. Auf Campingplätzen ist mir noch nie etwas abhanden gekommen und in den festen Unterkünften hat sich immer ein sicherer Platz für das Rad gefunden.
Alles in allem eine sehr schöne Radtour (obwohl mir zum Ende hin etwas die Luft ausgegangen ist – da wäre mir eine Begleitung doch ganz recht gewesen), überall freundliche und hilfsbereite Menschen. Zu nennen wären hier der „alte“ Mann (also älter als ich), in der französich-sprachigen Schweiz, der mir einen Inbusschlüssel geschenkt hat (weil ich mit dem Multitool nicht an die Schraube kam) und die portugiesischen Gastgeber, die mir die Kreditkarte nachgebracht haben. Wahnsinn!
Ich habe nur 5 Kilo abgenommen 😊 Das lag wohl am guten portugiesischen Essen, vor allem am Frühstück (in den Hotels) dort 😊
In den nächsten Tagen werde ich die Tagesberichte anhand meiner handschriftlichen Notizen etwas ergänzen und einen zusammenfassenden Reisebericht schreiben.
Danke an alle, die mich mit Kommentaren, hier und bei komoot, tatkräftig unterstützt haben.
Erste Überlegungen für eine „große“ Tour in 2024 existieren bereits… bleibt dabei… 😊
Ich habe gerade deine Zusammenfassung gelesen, und ich kann mir noch einmal gut vorstellen wie Du unterwegs warst und deine Erlebnisse und Erfahrungen noch einmal zu lesen erfüllt mich mit Freude.
Mir gefällt auch Deine Sprache sehr.
Ich bin schon ganz neugierig auf Deine weiteren Zeilen und natürlich auch auf Deine nächsten Pläne.
Danke fürs mitnehmen aud Deiner Reise
Liebe Grüsse
Marci
Danke für die Zusammenfassung – bei den Pannen ist ja das Smartphone gar nicht dabei, oder hab ich das überlesen? Das Wetter hatte ich „schlimmer“ in Erinnerung, das hat mir besonders anfangs richtig leidgetan. Und natürlich würde mich die 1 Ausnahme interessieren, vielleicht gibts die ja irgendwann mal mündlich …
Auf „unsere“ nächste Reise freu ich mich schon!
Du bist ja kaum mehr zu bremsen, planst gedanklich schon die nächste Tour 😊 – jetzt warst du im Norden und Süden, also demnächst West und Ost!? Da bin ich mal gespannt…
Den Sommer kannst du daheim in Kissing sicher auch gut genießen, aber Ich freue mich schon auf deine nächsten Berichte.
Guten Morgen mein lieber, das ist ja mal eine tolle Zusammenfassung und bestätigt die Erkenntnis dass man heraus muss in die Welt um sich gute Erinnerungen zu schaffen. Absolut alles richtig gemacht reisen bildet eben und stärkt das Verständnis für andere. Chapeau. Ich melde mich mal wenn ich selbst wieder retour bin take care